Origo
Geboren 1965 in der DDR, verbrachte Bernd Weingart seine frühen Jahre in Ohrdruf, einer Stadt in der Provinz. Seit den 1990er-Jahren lebt und arbeitet er in Berlin. 1992 wurde er mit dem Förderpreis für Fotografie des Landes Nordrhein-Westfalen ausgezeichnet.
Aufgewachsen in einem Haus, das seit Generationen eine kleine Buchbinderei, eine Rahmenwerkstatt und eine Galerie beherbergte, entdeckte Weingart früh sein Interesse an der Materialität und den Formen in diesem Kosmos der Dinge. Hier schärfte sich sein Gespür für das Licht, das all diese Objekte sichtbar werden ließ. Dort entdeckte er auch eine Camera Obscura - und damit seine Leidenschaft für die Fotografie. In organischer Konsequenz erlernte er zunächst das Buchbinderhandwerk, wie auch der von ihm geschätzte Fotograf Josef Sudek.
Die Erkundung der eigenen Innenwelt im Verhältnis zu den sichtbaren Dingen sowie die intensive Auseinandersetzung mit der Geschichte der Kunst bilden die Ausgangspunkte von Weingarts Schaffen. Eindrücke aus seiner Kindheit durchziehen subtil seine Arbeit und verleihen ihr Tiefe und intuitive Transparenz. In den Triptychen Lemusichs Garten visualisierte er in 36 Variationen zentrale Gedankenfiguren hermetischer Schriften und verdichtete so seine Auseinandersetzung mit symbolischer und philosophischer Bildsprache.
Bereits Anfang der 2000er-Jahre zog es Weingart wiederholt in die Abgeschiedenheit und Stille der Landschaft seiner Kindheit, um das wiederkehrende Erleben eines Gefühls zu visualisieren, das er als numinos bezeichnet. In den 2010er-Jahren wandte er sich verstärkt der Nachtfotografie zu: In der Serie Nachtstücke dokumentiert er die subtile Stimmung der nächtlichen Stadtlandschaft, die er als Ausdruck innerer Gesetze und Ideen interpretiert. In der Serie Flüstergewölbe macht Weingart die Environments einer untergehenden Welt der Achtzigerjahre und das Leben einer isolierten Boheme sichtbar, die in der Provinz ihre Existenz behauptet.